Die Englische Upper Class der Nachkriegszeit achtete stets auf ein gepflegtes Äußeres mit Krawatte oder Fliege -...
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Ein Königreich für eine Klimaanlage! Die Sonne brennt unbarmherzig auf den Asphalt. Die Freibäder füllen sich, in den Eisdielen ist kein Platz mehr zu finden. Jede Wiese, jede Freifläche ist übersät mit sonnenbadenden Menschen, ein Eis in der Hand und einen seligen Ausdruck im Gesicht. Und irgendwo dazwischen sitzen Sie im Meeting, im dreiteiligen Anzug aus bester irischer Merinowolle, und überlegen, ob Ihr Chef es Ihnen übelnimmt, wenn Sie sich nun ihr Wasserglas über den Kopf kippen, um einen Hitzschlag zu vermeiden.
Leider hat ein Anzug hierzulande den Ruf eines soliden Universalkleidungsstücks. Ein guter dunkler Anzug aus Schurwolle, klassisch geschnitten, begleitet einen über Jahre und ist immer angemessen. Nun ja, der Situation angemessen, aber nicht unbedingt der Wetterlage. Dabei wirkt ein guter Sommeranzug kaum weniger förmlich. Und jeder gute Herrenausstatter wird Sie dahingehend beraten können (wenn nicht, ist er eben doch kein guter Herrenausstatter).
In Ihrer Freizeit hüllen Sie sich im Sommer doch auch nicht in den dicken Wollpullover, oder? Sondern eher in ein leichtes Baumwollhemd. Im Prinzip machen Sie bei einem Sommeranzug nichts anderes. Die Stoffe sind eher leicht, was man ihnen nur teilweise ansieht. Dabei ist die gute alte Schurwolle gar nicht mal zu verachten. Sie sollte lediglich sehr viel dünner sein als üblich, bzw. sehr viel feiner gearbeitet. Für den Anfänger wirken Begriffe wie „Super 100“ bei Wolle erst einmal etwas verwirrend. Das heißt aber nichts anderes, als dass 100 Meter Garn dieser Wolle ein Gramm wiegen – erheblich feiner als vieles aus dem Kaufhaus. Bei Sommeranzügen kann das Garn gar nicht fein genug sein. Bei Spitzenprodukten kann man zwar bis zu „Super 210“ finden, aber mit einem Super-100- oder Super-120-Garn sind Sie schon bestens bedient. Dabei sind diese feinen Stoffe nicht nur besonders luftig, sondern auch annähernd knitterfrei.
In Bezug auf Faltenbildung ist Leinen das genaue Gegenteil. Dennoch ist es für Sommeranzüge sehr beliebt. Leinen trägt sich hervorragend, ist temperaturausgleichend und atmungsaktiv. Zudem ist es deutlich robuster als manch anderer Stoff und leicht zu reinigen. Andererseits knittert es. Und nicht nur ein bisschen, wenn Sie sich versehentlich daraufgesetzt haben. Sondern aus Prinzip. Ein Leinenanzug wird nach kürzester Zeit aussehen, als hätten Sie ihn gerade unter Ihrem Sofa gefunden. Anhänger des Leinenanzugs schätzen gerade diese Knitterfalten als Ausdruck von Individualität und Lässigkeit. Andererseits passt Leinen fast besser zum gehobenen Freizeitlook als zur gestreiften Krawatte.
Edel ist durchaus auch ein Material, bei dem man zunächst eher an Winterschals und Rollkragenpullis denken würde: Kaschmir. Leichte Qualitäten verhalten sich ähnlich wie leichte Schurwolle, fühlen sich noch luftiger auf der Haut an und tragen sich angenehm kühl. Leider haben hohe Kaschmirqualitäten aus sehr dünnem Garn – und nur diese sind geeignet – ihren Preis, und der ist ziemlich enorm. Fast genauso edel, aber etwas alltagstauglicher ist Mohair. Ein Mohairanzug hat einen matten Glanz, weshalb der Stoff vor allem bei Abendgarderobe gerne verarbeitet wird. Aber auch ein Sommeranzug aus Mohair kann sehr bequem sein.
Baumwollanzüge knittern fast so stark wie Leinen, tragen sich an sich aber sehr gut. Leider sind Sie alles andere als formstabil. Das Gleiche gilt auch für die Krönung der edlen Anzugstoffe: Seide. Italienische Designer haben zum Teil großartige Sommeranzüge aus dem leichten, glänzenden Material auf den Markt gebracht. Sie sind natürlich nur sinnvoll, wenn der Anzug nicht zu stark beansprucht wird und Sie ihm zwischendurch ein paar Ruhepausen gönnen können.
Die Farben dürfen bei einem Sommeranzug übrigens ruhig ein wenig heller sein als im Winter. Sind Sie allerdings in einer konservativen Branche tätig, sollten Sie dennoch innerhalb der Grau- und Dunkelblaupalette bleiben. Finger weg von Brauntönen! Sie wirken selbst bei tropischer Witterung noch herbstlich. Wenn Sie unbedingt Farbe bekennen möchten (und wenn nicht jetzt, wann dann) tun Sie es lieber mit einer bunten Krawatte.
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